(Pop, Indie) Klee - Aus Lauter Liebe - 2011, MP3, V0

“Wenn auf der Erde die Liebe herrschte, wären alle Gesetze entbehrlich.” Mit diesem Ausspruch von Aristoteles leiten Klee ihr neuestes und mittlerweile fünftes Album “Aus lauter Liebe” ein. Und das besteht aus genau den kleinen und großen Gefühlen, die man erwartet, wenn man Titel wie “Willst du bei mir bleiben” oder “Ich will nicht gehen wenn’s am schönsten ist” liest. Das passt nicht nur perfekt zum nahenden, immer ein wenig melancholischen Herbst, sondern auch zu Klee.
Denn die Kölner haben schon in den vergangenen Jahren ihr Gespür für sanfte Töne und feinfühlige Texte bewiesen. Auf “Aus lauter Liebe” lauert ein ganzer Schwall davon. Lebenslustig, poetisch und mit einer ungemeinen Leichtigkeit. Es scheint so mühelos, was Suzie und Co. da auf der 13 Titel starken Trackliste abliefern. Und gleichzeitig so vertraut, dass man sich mit diesem Album wie unter einer sicheren Decke fühlt.
Unter die kann man sich beruhigt kuscheln, wenn “Vergiss nicht” von Streichern eingeläutet wird, die Romy-Schneider-Hommage “Nimm dein Leben in die Hand” ertönt oder mit “Adieu” der wohl traurigste Song auf dem Album aus den Boxen schallt. Dennoch ist “Aus lauter Lieber” nicht nur schwermütig. Es hat auch heitere, optimistische Seiten, die von Herzensdingen erzählen und elektronisch-poppig angehaucht sind. Dazu zählen beispielweise das wunderbare “Schmetterlingsflügelschlag”, “Puls und Herzschlag” und “Außer Atem”. Es sind Titel, die an “Zwei Herzen” und “Gold” erinnern. Und die beweisen, dass Klee problemlos über den Tellerrand hinausblicken können.
Überhaupt wünscht man sich fast, man könnte “Aus lauter Liebe” zum Soundtrack des Lebens machen, den schnöden Alltag in den Braun-Filter verpacken, den Herr Schweiger immer für seine Filme verwendet, und dann einfach träumen. Dank Klee kann man es immerhin für eine knappe Dreiviertelstunde tun. Und wer sich dann denkt “Ich will nicht gehen wenn’s am schönsten ist”, der hört sich das Album einfach noch mal an. Und noch mal. Bis Paris und zurück.
Linda
Klee sind mal wieder so ein Fall, wo man langsam, aber sicher, von einem Urgestein sprechen kann. Was 1997 noch unter dem Namen „Rallye“ begann und schon unter diesem Namen zwei Alben veröffentlichte, firmierte dann fortan unter dem Namen Klee und wurde zunehmend erfolgreicher, sodass man mit dem vorigen Album Berge versetzen im Jahr 2008 gar Platz 15 der Media Control-Charts erreichte. Mit Aus lauter Liebe erscheint nun dieser Tage ein neues Album der Band, das zwar zu weiten Teilen recht ruhig klingt, dennoch aber das Gefühl und das Packende dabei nicht vernachlässigt und in den richtigen Momenten auch mal lauter wird.
Die Vorab-Single Willst Du bei mir bleiben? kann schon gut den Weg zeigen, den Klee auf ihrem fünften Album als Klee einschlagen. Mit der bekannten Grundmelancholie als Background, mit Klavier-Melodien und einem eingängig-sehnenden Chorus wird hier die große, ewige Liebe besungen. Ein romantischer Song, der sicherlich auch für den einen oder anderen Heiratsantrag herhalten werden muss. Und wer heiraten will, der will schließlich auch jemanden an die Hand nehmen – etwas, das Klee seit jeher sprichwörtlich mit ihren Fans tun. Von Ratgebern und Seelentröstern ist da die Rede – und aus diesem Kontext betrachtet kann man auch Songs wie Nimm Dein Leben in die Hand lesen – absolut unplakativ gestaltet wird hier mit elektro-poppigen Arrangements eben genau dazu aufgefordert. Die Mischung aus ruhigen und treibenderen Stücken hält sich dabei auf dem Album gut die Waage – in beiden Fällen wissen Klee, wie man die Spannung hält, ohne dabei langweilig zu wirken.
Produziert von Olaf Opal (The Notwist, Juli, Polarkreis 18) liefern Klee ein abwechslungsreiches fünftes Album ab, das in lauten und leisen Momenten immer zu berühren weiß und den Freunden des eingängigen deutschen Pop-Rocks zu gefallen werden weiß.
Marius
Spätestens seit der Veröffentlichung von Willst du bei mir bleiben vor drei Wochen dürfte die hiesige Musiklandschaft wieder mit ausreichend KLEE bewachsen sein – wie es der Einstieg auf Platz 29 in den Charts beweist.
Seit dem letzten Album Berge versetzen haben KLEE drei Jahre verstreichen lassen und sind währenddessen vom Trio zum Duo geschrumpft. Gitarrist Tom Deininger verließ die Band im vergangenen Jahr, was Sängerin Suzie Kerstgens und Sten Servaes allerdings nicht davon abhielt, wieder ins Studio zu gehen und das nunmehr fünfte Album Aus lauter Liebe aufzunehmen.
Der Titel, die Pressefotos im Film noir-Stil aus Paris und die Tatsache, dass es sich hier um eine Platte von KLEE handelt, lassen es eigentlich schon erahnen: KLEE sind wieder einmal mächtig verliebt, wollen uns verliebt machen und überhaupt ist Aus lauter Liebe vollgepackt mit … Liebe, Liebe und noch mehr Liebe. Sogenannte Hipster dürften sogleich lautstark aufschreien wie unglaublich out es doch sei, über Liebe UND auf Deutsch zu singen. Ein Glück, dass KLEE nicht nur die rosarote Sonnenbrille aus Paris mitgebracht haben sondern auch noch ein Paar rosarote Ohrenschützer. Denn eigentlich gab es seit MIA.s Zirkus viel zu lange kein Album mehr, das sich in einer solchen Vehemenz und Direktheit der Liebe, der Lebenslust und einem lauten JA zum Gefühl verschrieben hat. Chapeau.
Die ausreichend bekannte Single Willst du bei mir bleiben eröffnet Aus lauter Liebe, und dass die richtige Antwort natürlich “Ja, ich will” lautet, wurde ja bereits hier ausführlich erörtert.
Und wie es sich auf einer richtigen Hochzeit gehört, wird auch auf KLEEs neuestem Werk hier und da das Tanzbein geschwungen, wie zum Beispiel in der Romy-Schneider-Hommage Nimm dein Leben in die Hand oder das an den gleichnamigen Nouvelle Vague-Klassiker angelehnte Außer Atem. Auch Weltverbesserin Natalie – solche Damen braucht die Welt! – ist nach wie vor mit Herz und Seele verliebt in die große, weite Welt und “macht den Himmel etwas höher / [...] / Das Leichte noch leichter / [...] Und das Schöne noch viel schöner“. Textlich eine KLEE’sche Glanzleistung. Genau wie das schon vor ein paar Wochen als kostenloser Download veröffentlichte, den perfekten Moment besingende Schmetterlingsflügelschlag, das mit seiner musikalischen Leichtigkeit und trotz größtenteils fehlendem elektronischem Einschlag an alte Klassiker wie Erinner dich oder Unverwundbar vom ersten Album erinnert.
Adieu huldigt dem französischen Chanson und man sieht Suzie Kerstgens, auf einem alten Barhocker sitzend, vor dem inneren Auge so schöne Zeilen wie “Leb Wohl klingt viel zu bitter / Und auf Wiedersehen klingt viel zu optimistisch / Du bist noch nicht mal weg mein Herz / Und schon sagt alles in mir / Ich vermiss dich” singen. Der Rezensent meint: Endlich hat noch jemand erkannt, dass Adieu einfach ein wundervolles, wenn auch traurigschönes Wort ist.
Mit dem großartigen Puls und Herzschlag haben KLEE dann sogar etwas für die oben erwähnten Hipster komponiert und erinnern daran, dass sie schon immer ein Händchen für tanzbarere Stücke hatten. Puls und Herzschlag tritt in die Fußstapfen von Nicht immer aber jetzt, Standard kompakt, Die Königin und Oh Oh und könnte durchaus auch ein neuer Hit à la Gold werden. Auf dieses Lied werden sich alle einigen können (“Wir sind die Schatten am Tag / Wir sind die Lichter der Nacht / Wir sind die Seele der Stadt / Ihr Puls und ihr Herzschlag“).
Da verzeiht man KLEE gerne, dass Meilenweit, Stell dir vor oder das plakative Ich will nicht gehen wenn’s am schönsten vielleicht ein wenig zu nah an der Grenze zum Schlager wandern. Aber wie so vieles, ist auch das sicherlich eine Sache des persönlichen Geschmacks.
KLEE bleiben sich mit ihrem fünften Album treu und wandeln nicht auf völlig neuen Wegen. Aber sind wir doch mal ehrlich, das müssen sie auch gar nicht. Trotzdem klingt Aus lauter Liebe dank des Verzichts auf viele elektronische Spielereien erfrischend organisch im Vergleich zu den älteren Alben. Auch die beiliegende DVD der limitierten Deluxe Edition beweist, dass KLEE auch akustisch wirklich hervorragend funktionieren. Manchmal wirkt Aus lauter Liebe sogar wie ein kleines Best-of: Hin und wieder ruft das eine oder andere Stück Erinnerungen an alte, liebgewonnene Lieder hervor.
Mit Aus lauter Liebe haben KLEE alles richtig gemacht. Hoffen wir, dass sie uns noch lange erhalten bleiben.
Aus lauter Liebe von KLEE ist seit heute im Handel erhältlich.
Gerne verweisen wir auch auf die bald anstehende Tour von KLEE. Und übrigens: Die anfassbare Ausgabe von Aus lauter Liebe ist zugleich Eure exklusive Eintrittskarte zum großen KLEE-Sommerfest am 2. September im Kölner Gebäude 9. Wenn Ihr also Lust habt, einen wunderbaren Abend mit gemeinsamen Grillen, guter Musik (natürlich auch von KLEE) und noch guteren Menschen zu verbringen, macht Euch doch auf den Weg nach Köln – aber vergesst Euer Album nicht!
Philipp
Klee machen sich nicht die Mühe, ihre Absichten zu chiffrieren. 'Aus lauter Liebe' ist ein romantisches Album. Das sagt nicht nur der Titel, das sagt auch das Artwork. Sepiatöne, im Hintergrund der Eiffelturm an einem Nebeltag. Der Presse schickte man ein passendes Postkartenset und sprach im beigefügten Schreiben von Klassikern des französischen Films. Weiter hieß es, Klee seien den Fans 'Begleiter, Ratgeber und Seelentröster'. Dass das fünfte Album der Kölner auf gediegenes, größtenteils balladeskes Pop-Material setzt, überrascht da kaum.
Das ist manchmal schade, denn Klee sind eigentlich immer dann am besten, wenn es um jene Variante des Popsongs geht, die schnoddrig ist und nicht nur mit Küssen zu tun hat, sondern auch mit Drinks und auf den Tischen tanzen. Mit Clubs und Nachtleben, die quasi den Hedonismus der puren Rationalität und der allzu großen Herzensgeste vorzieht. Es ist nicht so, dass diese Seite der Band ganz verschwunden wäre. 'Außer Atem' etwa verströmt durchaus so etwas wie Gefahr, nämlich jene, die eine geheime Liebe immer in sich trägt. Und wenn 'Puls und Herzschlag' mit einem Basslauf beginnt, der einige Ähnlichkeit zu dem besitzt, was früher mal bei New Order passierte, macht das auch Spaß.
Insgesamt jedoch scheinen es Klee eher aufs Hauchen, aufs Schwofen, aufs Träumen und aufs Weinen beziehungsweise auf die Vertonung jener Zustände abgesehen zu haben. In Stücken wie 'Adieu', 'Willst Du bei mir bleiben' oder 'Stell dir vor' wird ein Hohelied auf die Liebe gesungen, zu mal akustisch-zarter, mal schwelgend orchestraler Instrumentierung. Klar, eine Vision wie 'Stell Dir vor, statt Angst regiert die Zuversicht' ist wunderschön, und es ist wichtig und richtig, dass Popsongs auch so etwas transportieren. Ein bisschen zusätzliche Reibung hätte jedoch nicht geschadet.
Jochen Overbeck